Sitzung der Gemeindevertretung am 29.06.2010: Kanalanschlussbeiträge, Bürgerbeteiligung Verkehrskonzept, Verschönerung Vorplatz Rathaus Büdesheim vs. Vereinbarungen zur Haushaltskonsolidierung
Gleich mehrere kontrovers diskutierte Themen standen an diesem Tag auf der Tagesordnung der Gemeindevertretung.
Zunächst bestätigten die Antworten auf unsere Anfrage die Vermutung, dass der Gemeinde durch die regelmäßig nach Starkregen auftretenden Überschwemmungen erhebliche Schäden entstehen. Die Präventiv-Maßnahmen, die wir in einem Antrag bereits 2009 vorgeschlagen hatten, sind bisher unzureichend umgesetzt worden. Wir werden daher in der Folge verstärkt darauf drängen. Details zu den Ergebnissen unserer Anfrage folgen hier, sobald sie uns in schriftlicher Form vorliegen.
Die CDU stellte einen Antrag auf Missbilligung der jüngsten Abrechnungspraxis von Kanalanschlussbeiträgen, die 2007 in Büdesheim und 2009 in Kilianstädten unterschiedlich gehandhabt wurde (die Hintergründe und die Grüne Position hatten wir bereits im Vorfeld hier veröffentlicht ...). Die CDU sprach von Willkür des Bürgermeisters. Dieser sprach von Wahlkampfgetöse. Wir Grünen hoben die Mitverantwortung aller Gemeindevertreter hervor, die durchaus von Beginn an hinreichende Informationen zur Abrechnungspraxis vorliegen hatten und daher die Möglichkeit gehabt hätten, auf die Abrechnung Einfluss zu nehmen. Da sich der CDU- Antrag zudem auf die Verurteilung des Bürgermeisters beschränkte, aber keinerlei Maßnahmen zur Behebung vorschlug, lehnten wir mit der Mehrheit der Gemeindevertretung diesen Antrag ab. Maßnahmen zur Behebung sind durchaus möglich, die Nachbelastung ist innerhalb von vier Jahren möglich. Der Bürgermeister kündigte daher an, in der September-Sitzung der Gemeindevertretung eine Vorlage einzubringen, über welche entschieden werden soll, ob eine Nachbelastung erfolgt oder nicht. Dies muss dann jeder Gemeindevertreter, unabhängig von Parteizugehörigkeit, mit sich und seinem Gewissen ausmachen. Keine einfache Entscheidung, aber konsequent!
Erfreulich war, dass unser Antrag auf eine intensive Bürgerbeteiligung bei der Entscheidung über ein neues Verkehrskonzept für Kilianstädten einstimmig von allen Fraktionen mitgetragen wurde.
Nicht so eindeutig waren die Abstimmungen zu zwei Themen mit finanziellen Auswirkungen:
  • Gegen die Stimmen von CDU und FDP wurde die Gebührenordnung für die Kindergärten / Kinderhorte in folgenden Punkten geändert: 1. Das letzte Kindergartenjahr ist nur noch vormittags gebührenfrei, da auch nur für diesen Teil die Kosten vom Land getragen werden. 2. Die Spätbetreuung von 17-18 Uhr wird nur noch aufrecht erhalten, wenn sie von mindestens 5 Kindern regelmäßig in Anspruch genommen wird. Bisher wird dieses Angebot kaum genutzt. 3. Die Hortgebühren werden um 10 Euro erhöht. Insbesondere über den letzten Punkt war im Vorfeld heftig gestritten worden. Wir hatten im Haushalt  2010 die Erhöhung um 20 Euro durchgesetzt - genau um den Betrag, den Eltern durch die schwarz-gelbe Kindergelderhöhung seit Anfang 2010 mehr in der Tasche hatten, so dass niemand schlechter gestellt werden sollte als vor 2010. Aus Sicht der Grünen hätte die Erleichterung für die Eltern anstatt in die Kindergelderhöhung in die Betreuungsinfrastruktur gesteckt werden sollen. Genau das Gegenteil fand jedoch statt. Das Geld - nicht nur für diese Erleichterungen - wurde den Kommunen als Träger dieser Infrastruktur entzogen. Wir korrigierten damit wenigstens zum Teil eine politische Fehlentscheidung der Bundesregierung.
  • Gründung eines Gemeindearchivs: Bisher wurden die Schönecker Geburten-, Heirats- und Sterbebücher nach Ende der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen (110, 80 bzw. 30 Jahre) an das Staatsarchiv in Darmstadt übergeben. Aus Platzmangel und natürlich weil eine Erweiterung zu teuer wäre, werden dort die Bücher nun aber nicht mehr angenommen. Vom Gemeindevorstand wurde daher über den Erlass einer Archivordnung die Gründung eines eigenen Archivs vorgeschlagen. Aus Sicht der Grünen ist jedoch eindeutig, dass dieses auch für die Gemeinde Schöneck nicht kostenlos zu haben ist: Auch in Schöneck brauchen die Bücher Platz, Klimatisierung etc. Da wir uns aber schon Zukunftsinvestitionen kaum leisten können (siehe Kinderbetreuung) lehnten wir dieses Vorhaben zur Dokumentation der Vergangenheit ab, obwohl der Sinn von uns grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. Mit unserer Auffassung standen wir an diesem Abend jedoch allein, so dass sich Schöneck leider einen weiteren, langsam aber stetig anwachsenden Kostenblock eingefangen hat.
Die unschöne Krönung des Abends war der letzte Tagesordnungspunkt: Vom Bürgermeister wurde unter TOP 15 die Zustimmung zum Angebot eines Bauunternehmens über die Umgestaltung des Rathausvorplatzes in Büdesheim erbeten, Auftragsvolumen ca. 90 Tausend Euro. Bereits im Haushaltsentwurf für 2010 war dieser Betrag beantragt worden, von der Gemeindevertretung aber nach intensiven Diskussionen auf 45 Tausend Euro reduziert worden, um nur noch den behindertengerechten Zugang gestalten zu können. Alles andere ist zwar "wünschenswert", aber eben nicht notwendig. Diese Reduktion war - wie auch weitere Sparmaßnahmen - Voraussetzung für die Grüne Zustimmung zum Haushalt 2010. Dies ignorierend hatte der Bürgermeister die unveränderten Planungen unbeirrt vorangetrieben und nun wieder vorgelegt. Gegen unsere Stimmen wurde der Antrag auch in der Gemeindevertretung nicht gleich abgelehnt, sondern zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Strukturplanung, Bau und Verkehr überwiesen. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die anderen Fraktionen bis zur endgültigen Abstimmung wieder an die im Haushalt niedergeschriebenen Vereinbarungen erinnern.
Zusammenfassend mussten wir nach dieser Sitzung zum wiederholten Male feststellen, dass der Wille zur konsequenten Ausgabendisziplin nicht bei allen Fraktionen gleich stark ausgeprägt ist. Scheinbare Alltagsentscheidungen werden in ihren finanziellen Auswirkungen nicht zu Ende gedacht, verlockende Projekte werden unverändert vorangetrieben. Bedauerlich!