Rede zum Antrag in der Sitzung der Gemeindevertretung am Donnerstag,
den 26. März 2009
„Hochwasserschutz mit 0-Euro-Hecken und Hochzeits-Streuobstwiesen“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Klimakrise macht vor der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht halt. Die vermehrten
Starkregenereignisse sind in Schöneck zu beobachtende Veränderungen des Klimas. Die
Maßstäbe haben sich verschoben. Was früher ein 100-jähriges Regenereignis war, ist jetzt ein 10-
jähriges, was früher ein 10-jähriges war, tritt jetzt jährlich auf. Die Folgen mit überschwemmten
Straßen und Kellern sind z.T. beträchtlich. Ich erinnere an den Erlenbach in Büdesheim 1999, an
die Dresdner Straße 2007, an die Marie-von-Oriola-Straße 2008 oder an die Rue d'Anould 2009.
Doch nicht nur der Klimawandel verursacht diese Schäden. Auch unsere eigenen Aktivitäten
bewirken, dass aus Starkregen Überschwemmungen werden: durch von Straßen- und
Wohnungsbau verursachte Flächenversiegelung oder durch die Art und Weise der Nutzung
landwirtschaftlicher Flächen.
Die Muster der Hochwasser-Ereignisse ähneln sich. Äcker wirken in den unterschiedlichen Phasen
der Vegetation, bei bestimmter Bepflanzung (z.B. Mais) oder bei Frost ähnlich versiegelnd wie
Straßen und lassen so das Wasser nur oberirdisch abfließen. Das Wasser wird schnell über die
Feldwege und -straßen, die sich in regelrechte Bäche verwandeln, in die Ortslagen abgeleitet.
Dabei wird auch die Ackerkrume abgetragen und verstopft die Schächte der Kanalisation.
Zumindest diesen Auswirkungen des Klimawandels sind wir jedoch nicht hilflos ausgeliefert.
Vielmehr haben wir Ansatzpunkte, sie bei uns lokal ein Stück weit abzufedern.
Wir wollen deshalb den Gemeindevorstand - vornehmlich zum Zwecke des Hochwasserschutzes -
beauftragen:
1. an den Rändern von Feldwegen oder gemeindeeigenen Äckern Baumschnitt abzuladen, so dass
sich daraus sogenannte Benjes-Hecken entwickeln können,
2. zu prüfen, ob per Satzung Vorgaben zur Bestellung von Äckern gemacht werden können, die
eine hohe Versickerung vor Ort ermöglichen und den schnellen Wasserabfluss bremsen,
3. eine geeignete, gemeindeeigene Ackerfläche in eine Streuobstwiese zu entwickeln, auf der
anlässlich von Hochzeiten / Geburten von den Brautleuten / Eltern standortgerechte Obstbäume
gepflanzt und "Patenschaften" für diese Bäume übernommen werden können.
Wegen der z.T. prekären Hochwassersituationen in der Vergangenheit soll mit der Anlage von
Hecken im Herbst 2009 in Büdesheim-West (v.a. Bernaer Chaussee und Verlängerung Am
Nassling) sowie in Kilianstädten, Dresdner Straße, begonnen werden. Weitere Gebiete sollen
folgen.
Die erwarteten Wirkungen der Einzelmaßnahmen sind wie folgt:
1. Feldrandhecken und Streuobstwiesen können dadurch Schutz bieten, dass sie am Ort des
Niederschlags zusätzliche Versickerungsflächen schaffen und bereits im Ansatz verhindern, dass
sich die Wassermassen sammeln und in die Ortslagen strömen.
2. Feldrandhecken stellen zusätzlich eine Barriere gegen die abgeschwemmte Ackerkrume dar
und verhindern so, dass die Einläufe in die Kanalisation verstopft werden. Positiver Nebeneffekt ist,
dass dieser Lehm auch nicht in die Kläranlage gelangt und dort keine Schäden verursachen kann,
wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind. Weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass
Feuerwehreinsätze reduziert werden können.
3. Weiter können durch Feldrandhecken und Streuobstwiesen vernetzte Biotope und ein
attraktives Naherholungsgebiet für Spaziergänger und Radfahrer entstehen.
4. Und schließlich können Feldrandhecken als natürliches Hundeklo dienen und damit den
Hunden die Möglichkeit geben, Wege und Äcker von Kot freizuhalten. Nicht nur Kinderschuhe
werden es danken.
Auf die Belange der Landwirtschaft soll in Rücksprache mit den örtlichen Landwirten Rücksicht
genommen werden. Z.B. indem in den Hecken Lücken zur Durchfahrt mit Traktoren vorgesehen
werden. Keine Rücksicht soll jedoch auf Landwirte genommen werden, die ihre Felder "vergrößern",
indem Teile der gemeindeeigenen Wege umgegraben werden.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind weitgehend kostenneutral. Die Hecken pflanzt nicht der
Gärtner, sondern die Natur. Für die Baumpatenschaften kann ggf. eine Bearbeitungsgebühr
erhoben werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es geht uns hier nicht darum, Schuldzuweisungen zu treffen. Es geht darum, die vorhandenen
Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu diesem Antrag.
Wolfgang Seifried - es gilt das gesprochene Wort