Veräußerung Altes Schloss Büdesheim
Gemeinsamer Antrag von CDU, SPD und Bündnis 90 / Die Grünen
Abstimmung:
Angenommen: 25 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen
Beschlussvorschlag:
1. Der Gemeindevorstand wird ermächtigt, die gem. Ziff. 1 seiner Beschlussvorlage v.
02.12.14, TOP 9 der Sitzung der Gemeindevertretung v. 16.12.14, aufgeführten
Grundstücke zum Verkauf anzubieten.
2. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme des Hessischen Städte-
und Gemeindebundes v. 04.02.15 erfolgt der Verkauf im Rahmen eines
bedingungsfreien Bietverfahrens.
3. Der Gemeindevorstand wird beauftragt, zwecks Beratung und zur Durchführung des
bedingungsfreien Bietverfahrens einen Rechtsbeistand mit Erfahrung bei der
Umsetzung solcher Verfahren (z.B. Rechtsanwalt, Consultant oder Person/Institution
mit qualitativ vergleichbaren Kenntnissen bzw. Erfahrungen) hinzuziehen. Zur Deckung
der anfallenden Kosten wird der im Haushaltsplan für 2014/15 für Kostenstelle
3150276211 Sachkonto 6163998 "Sanierung Altes Schloss" angebrachte Sperrvermerk
bis zur Höhe von 20.000 Euro aufgehoben.
4. Im Rahmen des Verfahrens soll darauf hingewirkt werden, dass die in der oben
genannten Beschlussvorlage unter Ziff. 2 aufgeführten Zielsetzungen des
Gemeindevorstands ohne Verletzung der formellen und materiellen Voraussetzungen
des bedingsungsfreien Bietverfahrens weitestgehend gewahrt werden können.
5. Nach Abschluss des bedingungsfreien Bietverfahrens ist das Ergebnis der
Gemeindevertretung zur abschließenden Beratung und Entscheidung über den Verkauf
der betroffenen Grundstücke vorzulegen. Das zum Zeitpunkt der Entscheidung
vorliegende Ergebnis bzw. Konzept der Bürgerinitiative wird in den
Entscheidungsprozess einbezogen.
Redebeitrag von Wolfgang Seifried:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
nüchtern betrachtet geht es beim Alten Schloss um die Frage, wie ein historisches
Gebäude, das sich die letzten etwa 30-40 Jahre seiner bisher langen Geschichte im
Besitz der Gemeinde Schöneck befand, am besten erhalten werden kann. Der Unterhalt
eines historischen Gebäudes ist teuer, die Gemeinde Schöneck ist klamm.
Der einstimmige Beschluss der Gemeindevertretung aus dem Dezember 2013, der
Gemeindevorstand solle das Schloss zum Verkauf anbieten, lag daher nahe.
Alternativen für die dort untergebrachten Einrichtungen waren schnell gefunden. Auch
weil das Alte Schloss zuletzt nur spärlich öffentlich genutzt wurde. So fanden z.B. im
Jahr 2014 nur zwei Schlosskonzerte darin statt.
Der Gemeindevorstand nahm Planungen und Verhandlungen mit einem
denkmalerfahrenen Investor auf. Über den Stand wurde in einer öffentlichen
Bürgerversammlung informiert. Im Dezember 2014 lag schließlich ein aus unserer Sicht
sowohl inhaltlich als auch finanziell gutes Angebot auf dem Tisch der
Gemeindevertretung. Neben dem Schloss, das durch einen Restaurantbetrieb und einen
Veranstaltungsraum öffentlich zugänglich bleiben sollte, sollte dabei auch die
angrenzende Freifläche verkauft und bebaut werden. Eine Fläche, die früher mit
Stallungen bebaut war und heute als Parkplatz für den Sportplatz genutzt wird. Aus
unserer Sicht ist nachvollziehbar, dass das Paket erst durch diese zusätzliche Fläche
für einen Investor – und damit auch für die Gemeinde – finanziell attraktiv wird.
Städtebaulich können wir es als Innenentwicklung betrachten: Eine Freifläche würde –
wieder - bebaut.
Der Haken am bisherigen Verfahren, wie wir jetzt wissen, ist: Nach Einschätzung des
hessischen Städte- und Gemeindebundes hätte entweder ein Bieterverfahren stattfinden
müssen oder es hätte vor dem Beginn von Verhandlungen mit Interessenten ein
Wertgutachten eingeholt werden müssen.
Heute stellt sich die Frage, wie wir mit dieser juristischen Einschätzung umgehen: Als
Grüne waren wir versucht, den Verkauf trotz dieser Einschätzung so wie verhandelt zum
Abschluss zu bringen. Vielleicht liegt das daran, dass wir es aus vielen Verfahren zu
Windkraftanlagen gewohnt sind, dass juristisches Geschütz aufgefahren wird und dass
sich die Drohungen der Vorhaben-Gegner regelmäßig als nicht stichhaltig erweisen. Wie
das Verfahren in diesem Fall allerdings ausgehen würde? Wir wissen es ehrlich gesagt
auch nicht sicher. Da logischerweise aber rückwirkend das Gutachten nicht mehr vor
den Beginn der Verhandlungen platziert werden kann, bleibt nur noch die Variante, in ein
Bieterverfahren zu gehen, so wir weiter willens sind, das Schloss zu verkaufen.
Und das sind wir Grüne. Denn wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass das für
Schöneck das Beste ist. Die Instandhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes ist
teuer und für die klamme Gemeinde schwer zu stemmen. Andererseits gönnen sich
vermögende Menschen vielleicht gerne den Luxus, ein Schloss zu bewohnen und zu
unterhalten. Wenn auf diese Weise also noch ein guter Verkaufspreis zu erzielen ist:
Umso besser.
Einige Sätze zur Bürgerinitiative. Es lässt mich keinesfalls unbeeindruckt, dass 700
Menschen gegen den Verkauf unterschrieben haben, und der Zwischenstand des
Konzeptes, das am Dienstag im Ortsbeirat Büdesheim präsentiert wurde, enthält einige
gute Ansätze. Ich nenne hier beispielhaft den Vorschlag, dass auch Vereine künftig für
die Nutzung der Räumlichkeiten bezahlen sollten (das fordern wir schon lange für die
erwachsenen Nutzer) oder die entgeltliche Vermietung von Parkplätzen. Gleichwohl bin
ich im Moment noch nicht überzeugt, dass der Lösungsvorschlag der BI die Probleme
lösen wird, die wir mit dem Verkauf zu lösen beabsichtigen. Wir könnten weder den –
einmaligen - Verkaufserlös erzielen noch würden wir uns von den Instandhaltungskosten
befreien, denn als Eigentümer müsste die Gemeinde weiterhin dafür gerade stehen. Und
dass die zu erzielenden Mieteinnahmen für die notwendigen
Instandhaltungsmaßnahmen auf Dauer ausreichend sind, halte ich für fraglich.
Ich bin zumindest nicht so überzeugt, dass wir eingleisig und alternativlos auf die in
Entwicklung befindlichen Konzepte der Bürgerinitiative setzen sollten. Dies aber fordern
die Sprecher der Bürgerinitiative: Die Gemeinde soll das Bieterverfahren um sechs
Monate zurückstellen. Am Ende könnten wir dann aber wieder mit leeren Händen
dastehen, falls kein tragfähiges Konzept vorgelegt werden kann – und das kann auch die
BI nicht garantieren. Jedoch: Man kann sich ja täuschen. Insofern würde ich mich freuen,
wenn die Bürgerinitiative weiter an ihrem Konzept arbeiten würde. Parallel dazu sollten
wir aber das Bieterverfahren einleiten, und am Ende haben wir hoffentlich die Auswahl
unter mehreren guten Alternativen – von Investoren und der Bürgerinitiative.
Es ist klar: Die Gemeinde wird am Ende des Bieterverfahrens nur verkaufen, wenn ein
inhaltlich und finanziell gutes Gesamtpaket im Sinne der bisherigen Beschlüsse
rechtssicher auf dem Tisch liegt. Dies muss potentiellen Investoren bewusst sein. Ihnen
wird dabei durchaus bewusst sein, dass sie im Wettbewerb mit anderen Bietern stehen,
aber auch im Wettbewerb mit der Bürgerinitiative. Es muss jedoch auch klar werden,
dass sich der Aufwand lohnt, ein ernsthaftes Angebot auszuarbeiten, weil die Gemeinde
ernsthaft willens ist, zu verkaufen. Daher wäre es gut, wenn vom heutigen Abend dieses
deutliche Signal ausgeht und dieses nicht von einer Streiterei über Verfahrensfragen
übertönt wird. Wir Grüne sind bereit, dieses deutliche Signal erneut zu senden. Und
Ende 2013 hatten wir hierüber ja schon mal große Einigkeit.
Ich glaube, dass das Angebot, das zwischen Gemeindevorstand und Investor
ausgehandelt wurde, ein gutes war, hätte es daher gerne angenommen und das
Vorhaben zügig umgesetzt. Die Verzögerung über ein Bieterverfahren hätte ich gerne
vermieden. Aber vielleicht hatte die FDP ja Recht als sie noch ein Bieterverfahren
forderte und dieses bringt tatsächlich ein besseres Ergebnis. Es spricht ja durchaus
etwas dafür, lassen Sie uns daher die Chancen sehen. Wir haben einen sehr guten
Standort: Welcher Ort verfügt schon über zwei so schmucke Schlösser in unmittelbarer
Nachbarschaft, in Flussnähe gelegen? Und es ist ja auch so, dass derzeit viel Kapital -
Privatkapital - attraktive und sichere Anlagemöglichkeiten sucht. Ich möchte auch
nochmal daran erinnern, dass nach wie vor unser Antrag auf dem Tisch liegt, mit dem
wir sicherstellen wollen, dass Teile des Verkaufserlöses als Infrastrukturrücklage für
Büdesheim verwendet werden sollen.
Es ist wichtig, Entscheidungen immer im Kontext aller Umstände zu beurteilen. Sonst
könnten wir als Verkaufsbefürworter versucht sein, die Entscheidungsträger zu
kritisieren, die in den 80er-Jahren das Schloss für Schöneck erworben und für viel Geld
saniert haben. Aber das würde wohl zu kurz springen: Damals war diese öffentliche
Investition vielleicht die einzige Möglichkeit, das Schloss in seiner Substanz zu erhalten,
private Investoren standen nicht zur Verfügung.
Heute ist es umgekehrt: Die öffentliche Hand hat keinerlei finanziellen
Handlungsspielräume mehr, während gleichzeitig unglaubliche private Vermögen
entstanden sind. Das sollte uns zu denken geben. Doch dies ist kein Thema für die
Schönecker Kommunalpolitik, sondern für die Bundespolitik. Diese Umverteilung von der
öffentlichen Hand zu privaten Vermögen muss gestoppt werden, z.B. durch eine
Vermögenssteuer oder eine Vermögensabgabe oder eine Reform der Erbschaftssteuer.
Und dann könnte sich auch eine Gemeinde wie Schöneck vielleicht den Besitz eines
Schlosses wieder leisten.
Es gilt das gesprochene Wort, am Ende wurde wegen der ablaufenden Redezeit gekürzt.