Vertreter der Gemeinde Schöneck für die Verbandskammer des
Regionalverbands FrankfurtRheinMain: Bewerbungsrede von Wolfgang
Seifried
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
vordergründig geht es bei der heutigen Sitzung um Pöstchen, Gepflogenheiten und
Macht. Und es erscheint für den Vertreter einer Oppositionspartei eher ungewöhnlich,
gerade für das Amt des Vertreters der Gemeinde Schöneck in der Verbandskammer
des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain zu kandidieren. Zumal es in den
vergangenen Jahren Usus war, dass der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin in
dieses Amt gewählt wurde.
Warum ich dennoch heute meinen Hut in den Ring werfe, hat zwei Gründe. Natürlich
geht es um politische Schwerpunkte, die wir Grüne im Regionalverband vertreten
wissen wollen, zum anderen aber auch um demokratische Strukturen.
Lassen sie mich mit letzteren anfangen: Die Verbandskammer ist ein Parlament, ähnlich
wie dieses hier. Die Vertreter bilden Fraktionen, dort Gruppen genannt, und bilden bei
Bedarf Koalitionen. Bis zur Kommunalwahl 2011 hatte sogar die CDU die absolute
Mehrheit. Von 2011 bis 2014 gab es eine Koalition von SPD und Grünen. Und 2014,
mitten in der Wahlperiode, wechselte die SPD zur CDU in eine große Koalition.
Demokratisch problematisch daran ist, dass der Koalitionsvertrag gleich bis 2026
abgeschlossen wurde, ignorierend, dass dazwischen zwei Kommunalwahlen liegen.
Und dass gleichzeitig die Wahl der Vertreter für die Verbandskammer eine
Mehrheitswahl ist: The winner takes it all! Da die Mehrheit der Bürgermeisterinnen und
Bürgermeister ein SPD- oder CDU-Parteibuch haben, wird es eine ganz große Große
Koalition ohne nennenswerte Opposition geben, und das nach dem Willen von CDU und
SPD für 12 Jahre. Die Absicht, 12 Jahre durchzuregieren, ohne zwischenzeitliche
Korrekturen durch Wahlen zulassen zu wollen, halte ich für problematisch.
Politisch wird es in den kommenden fünf Jahren unter anderem um den „Sachlichen
Teilplan Erneuerbare Energien“ als Ergänzung zum regionalen Flächennutzungsplan
gehen. Wir erinnern uns: Aus dem seit 2011 gültigen Regionalen Flächennutzungsplan
mussten die Vorrangflächen für Windenergie ausgeklammert werden, weil sogar der
damalige hessische FDP-Wirtschaftsminister die diesbezüglichen Planungen als
Verhinderungsplanung angesehen und daher nicht genehmigt hatte. Die damalige CDU-
Mehrheit in der Verbandskammer hatte zuvor nach Gusto der jeweiligen Bürgermeister
so lange geeignete Vorrangflächen gestrichen, bis praktisch nichts mehr übrig wahr:
Viele wollten die Windkraft nicht vor der eigenen Haustür haben. Die CDU-Mehrheit hatte
den Ausbau der Windkraft in Rhein-Main nach allen Regeln der Kunst verbockt. Das war
sicherlich ein wesentlicher Grund für unseren damaligen SPD-Bürgermeister Stüve,
einem bekennenden Windkraftbefürworter, eine rot-grüne Koalition im Regionalverband
zu schmieden. Wenn man die Presse aufmerksam verfolgt, dann droht hier nun ein déjà-
vu. Da gerade unter CDU-Vertretern landauf landab noch erhebliche Widerstände
gegen Windkraft vor der eigenen Haustür bestehen, steht zu befürchten, dass die große
Koalition aus CDU und SPD sich nur auf einen Minimal- Konsens verständigen wird.
Und das sollte dann zumindest vor einer vitalen Opposition in der Verbandskammer
vertreten werden müssen.
In diesem Sinne, für demokratische Vielfalt und mit den guten Schönecker Windkraft-
Erfahrungen möchte ich meine Stimme in der Verbandskammer erheben und bitte Sie
dafür um das Mandat.
Es gilt das gesprochene Wort