Die Grenzen der Kommunalpolitik überwinden
Sechs Beispiele aus Schöneck, wie die „große“ Politik Kommunen helfen oder behindern kann

Neue Verkehrsführung in Kilianstädten: Eine gute Lösung würde zur sehr guten Lösung, wenn das Radfahren entgegen der Einbahnrichtung freigegeben werden könnte.
Die neue Verkehrsführung für Kilianstädten wurde in einem vorbildlichen Prozess nach intensiver Bürgerbeteiligung und nach Abschluss eines Verkehrsversuchs dauerhaft etabliert. Der Beschluss der Gemeindevertretung, die Frankfurter Straße im Flaschenhals für Radler in beide Richtungen freizugeben, konnte jedoch leider nicht umgesetzt werden, weil dem die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (StVO) entgegensteht. Nach dieser können Einbahnstraßen mit Bus-Linienverkehr erst ab einer Mindestbreite der Fahrgasse von 3,50 Metern für Radfahrer entgegen der Fahrtrichtung freigegeben werden.
Bei gerade mal 18 Bussen am Tag, angesichts des bestehenden LKW-Fahrverbots und weil auch schon vor der Einbahnstraßenregelung bei Begegnungsverkehr LKW, Busse, Autos und Radfahrer aneinander vorbeifahren mussten und konnten, halten wir die Regelung für Kilianstädten nicht für angemessen.  Schließlich wollen wir den Radverkehr fördern und nicht behindern. Jeder Verkehrsteilnehmer, der seine alltäglichen Besorgungen im Ort mit dem Rad anstatt mit dem Auto erledigt, entlastet die Ortsdurchfahrt und damit uns alle. Wer allerdings wegen Einbahnstraßenregelungen Umwege in Kauf nehmen muss, überlegt sich zweimal, ob er auf das Rad umsteigt. Daher melden wir Änderungsbedarf für die StVO an!
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Foto: Die Kilianstädter Ortsbeiräte Ulla Holzberg und Klaus Kunkel setzen mit Wolfgang Seifried auf eine fahrradfreundlichere Bundespolitik, um das Radfahren entgegen der Einbahnstraßen in Kilianstädten zu ermöglichen.
Ortsdurchfahrt Büdesheim: Mit Tempo 30 und etwas Rücksichtnahme könnten die Interessen von Anwohnern, Geschäftsleuten und Autofahrern unter einen Hut gebracht werden.
Zwei Gesichter hat die B521-Ortsdurchfahrt Büdesheim. Einerseits ist sie als Kunden- und Umsatzbringer die Existenzgrundlage für viele Geschäftsleute entlang der Straße und damit Basis für ein lebendiges Büdesheim. Andererseits ist sie aber auch ein Lärmbringer und zerschneidet den Ort in zwei Hälften. Beim Einkaufen die Straße zu kreuzen oder das Ein- und Ausparken vor den Geschäften sind mitunter riskante Unterfangen.
Im Rahmen der von der EU geforderten Lärmaktionspläne haben wir im Frühjahr die Gelegenheit genutzt und ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern vorgeschlagen. Gemeinsam mit den Stimmen der SPD wurde unser Antrag im Schönecker Gemeindeparlament angenommen. Mehr als fraglich ist jedoch, ob das Ansinnen den Marsch durch die Instanzen schafft. Dies ist ein Thema für die Bundestagswahl: Hier setzen wir Grüne uns dafür ein, den Kommunen mehr Autonomie bei innerörtlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 Stundenkilometer zu gewähren. Warum sollte es uns damit nicht gelingen, mit etwas Rücksichtnahme die Interessen von Anwohnern, Geschäftsleuten und Autofahrern unter einen Hut zu bekommen?
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Foto: Die Büdesheimer Ortsbeiräte Gerald Diehl und Petra Krebs kämpfen mit Wolfgang Seifried für Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt, um Lärm und Gefahren zu reduzieren und die Attraktivität des Ortes zu erhalten und zu erhöhen.
Endlich wieder ruhig schlafen in Oberdorfelden: Das von allen Schönecker Fraktionen einstimmig geforderte Tempolimit von 70 Stundenkilometern scheitert bislang am hessischen Verkehrsministerium und der Rechtslage.
Noch eindeutiger war bereits im Jahr 2011 die Beschlusslage der Gemeindevertretung in Sachen Tempolimit auf der L3008 südlich von Oberdorfelden, wo Anwohner seit der Eröffnung der Kilianstädter Umgehungsstraße starkem Verkehrslärm ausgesetzt sind. Die Schönecker Parlamentarier  hielten sich fraktionsübergreifend nicht lange mit der Suche nach den Schuldigen auf. Einstimmig forderte sie die pragmatische und kostengünstige Lösung des Problems: ein Tempolimit von 70 Stundenkilometern, wie es bereits auf dem überwiegenden Teil der Strecke bis Bad Vilbel gilt. Lediglich auf Höhe Oberdorfeldens ist das Tempolimit für gerade mal 900 Metern aufgehoben. Dieses bringt Autofahrern eine Zeitersparnis von rechnerisch gerade mal 15 Sekunden, die Anwohner aber kostet es, gerade wegen der Beschleunigungsvorgänge, ihren ruhigen Schlaf.
Nicht so pragmatisch sah man das dagegen im FDP-geführten Verkehrsministerium, wo man lieber zwei Jahre lang 40 Jahre alte Akten wälzte, um dann der Gemeinde Schöneck bzw. der ehemals selbständigen Gemeinde Oberdorfelden wegen vermeintlicher Fehler bei der Baugebietsausweisung die Schuld an der Situation zuzuweisen: Der Antrag auf das Tempolimit wurde daher abgelehnt. Rechtliche Ansprüche kann die Gemeinde Schöneck derzeit leider nicht geltend machen, sondern ist auf eine pragmatische Entscheidung des Verkehrsministeriums angewiesen oder auf eine Änderung der Rechtslage. Beides ist durch grüne Regierungsbeteiligungen in Land und Bund möglich!
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Foto: Wolfgang Seifried und der Oberdorfelder Ortsbeirat Horst Traub wollen wie die gesamte Gemeindevertretung endlich mit einem Tempolimit für ruhigen Schlaf der Anwohner sorgen.
Stockheimer Lieschen am Bahnhof Kilianstädten: Nicht nur Folge eines Fehlers der Deutschen Bahn, sondern auch der chronischen Unterfinanzierung des ÖPNV geschuldet.
Viel Wirbel gibt es seit Ende 2012 um die Niddertalbahn wegen des Einsatzes von Triebwagen, deren Einstiegsbereich etwa 20 Zentimeter unterhalb der Bahnsteigkante liegt und bei denen auch horizontal ein breiter Spalt klafft. Dies gilt besonders für den Bahnhof Kilianstädten, an dem der Spalt wegen dessen Kurvenlage und der Anordnung der Türen in der Mitte des Wagens etwa 45 Zentimeter breit ist. Beschlossen wurde mittlerweile die Nachrüstung der Triebwagen mit Schiebetritten, die zumindest den horizontalen Abstand auf 18 Zentimeter verkleinern. Bis zum Abschluss der Umrüstung im Oktober 2014 ist am Bahnsteig Service-Personal stationiert, das beim Ein- und Aussteigen hilft.
Die vermeintlich Alleinschuldigen für das Desaster waren mit der Deutschen Bahn und dem RMV schnell ausgemacht, was jedoch die Sache zu sehr vereinfacht. Denn nach einer Ausschreibung hatte die Deutsche Bahn ein Angebot abgegeben - mit passendem Wagenmaterial in Form von fabrikneuen Triebwagen eines anderen Typs. Doch die Kosten dafür waren für den RMV und die Kommunen als Besteller nicht aufzubringen. Das Ergebnis der Nachverhandlungen waren dann die jetzt eingesetzten, gebrauchten Triebwagen.
Teil des Problems ist also auch die chronische Unterfinanzierung des ÖPNV. Anders als für den Straßenbau steuert hier das Land Hessen keinen Cent bei.  Eine Umschichtung der Mittel zu Gunsten des ÖPNVs ist dringend notwendig, wenn ein attraktives Nahverkehrsangebot helfen soll, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Alle Wünsche werden wir auch im ÖPNV nicht erfüllen können, aber wenn ein Projekt realisiert wird, dann muss es „richtig“ gemacht werden. Aus Finanznot unpassende Züge auf eine Strecke zu holen, darf nicht wieder vorkommen.
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Foto: Wolfgang Seifried und Gemeindevertreter Holger Markmann wollen durch eine ausreichende Finanzierung des ÖPNV verhindern, dass sich Fehler wie bei der Niddertalbahn wiederholen.

Windkraftanlagen an der Hohen Straße: Schönecks CDU akzeptiert sie mittlerweile. Die Hessen-CDU dagegen kämpft trotz vollmundiger Energiegipfel- Ankündigungen immer noch gegen Windmühlen.
Die meisten Menschen in Schöneck werden sich noch an die Jahre 2007 bis 2009 erinnern, als die Planungen für sieben Windkraftanlagen die Kommunalpolitik und die Bevölkerung spalteten. Viel Kritik mussten wir Grüne, unser damaliger Koalitionspartner SPD und der damalige Bürgermeister Ludger Stüve aushalten. Zwei Jahre später stimmte dann aber auch die Schönecker CDU, die zuvor gemeinsam mit der FDP die Proteste gegen die „Windkraftmonster“ angeführt hatte, den Anlagen Nummer acht und neun zu. Nach den Ereignissen in Fukushima hat die Union  offenbar die Erfahrung gemacht, dass die geäußerten Befürchtungen nach der Inbetriebnahme der Anlagen nicht eingetroffen waren und dass sie auf große Akzeptanz in der Bevölkerung stießen.
„Na dann ist ja alles gut“, möchte man sagen. Ist es nicht! Denn Schönecks CDU- Parlamentarier sind hier deutlich weiter, als ihre Kolleginnen und Kollegen in Hessen und im Bund. Dort haben immer noch die Bedenkenträger gegen die Energiewende das Sagen. Oder fällt Ihnen spontan ein CDU-Politiker ein, der sich nicht nur in Sonntagsreden für erneuerbare Energien ausspricht, sondern für konkrete Projekte stark macht?
Zuletzt hat die hessische Landesregierung in ihrem Landesentwicklungsplan restriktive Kriterien gegen Windenergie-Vorrangflächen verabschiedet: Der Abstand von der Bebauung soll aus Akzeptanzgründen ausnahmslos mindestens 1.000 Meter betragen, die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in 140 Metern Höhe aus Wirtschaftlichkeitsgründen mindestens 5,75 Meter pro Sekunde. Wir Grüne fordern dagegen, im Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen ausnahmsweise auch 750 Meter Abstand und auch Flächen mit einer Windgeschwindigkeit von „nur“ 5,5 Metern pro Sekunde zuzulassen. Die Unterschiede scheinen marginal zu sein, doch nach Berechnungen des Regionalverbands können im Verbandsgebiet nach den CDU/FDP- Kriterien nur 0,5 Prozent der Fläche als Vorrangfläche ausgewiesen werden, anstatt der im hessischen „Energiegipfel“ vereinbarten zwei Prozent.
Was das mit Schöneck zu tun hat? Teile der Schönecker Windkraftanlagen dürften heute nicht mehr realisiert werden. Denn diese Anlagen liegen zum Teil knapp unter den nun geforderten 1.000 Metern vom Ortsrand entfernt, zum Teil stehen sie auf Flächen mit einer Windgeschwindigkeit von nur 5,5 Metern pro Sekunde. Schöneck belegt daher, dass die Kriterien der hessischen Landesregierung zu eng gefasst sind. Die Anlagen dort werden wirtschaftlich betrieben, denn sonst hätten Investoren nicht weitere zwei Anlagen gebaut. Und die Anlagen werden von der Bevölkerung akzeptiert. Da die Energiewende nicht warten kann, bis die hessische CDU den gleichen Erkenntnisstand hat wie ihre Kollegen in Schöneck, sollte ihr auf der Oppositionsbank Bedenkzeit eingeräumt werden. Übrigens gemeinsam mit der FDP, wobei zumindest zu bezweifeln ist, dass die FDP sie nutzen würde. Denn während die CDU wenigstens noch so tut, als würde sie die Energiewende umsetzen wollen, versucht sich die FDP frontal gegen die von uns Grünen vorangetriebene Energiewende zu profilieren.
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Foto: Schönecks Grüne beim Hohe Straße Fest am 1. September unter den Windkraftanlagen am Galgenberg. Wir denken über den Tellerrand hinaus und wollen, dass vergleichbare Standorte in Hessen nicht weiter blockiert werden.
Grüne Bildungs- und Betreuungsgarantie statt Zuständigkeitsvakuum: Sie würde auch in Schöneck für Planungssicherheit bei Eltern von Grundschulkindern sorgen.
Jedes Jahr von neuem zittern Eltern von Grundschulkindern vor dem Schuljahresbeginn. In Schöneck stand dabei in den letzten Jahren die Friedrich-Ebert-Schule in Kilianstädten im Brennpunkt, in diesem Jahr geht es um die Sterntalerschule in Büdesheim. Die Eltern haben dabei nicht Angst um ihre Kinder, sondern um ihre eigenen Jobs. Denn nur bis zum Kindesalter von sechs Jahren ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichergestellt: Per Gesetz ist die Kommune verpflichtet, Betreuungsplätze anzubieten. Auch für U3-Kleinkinder besteht seit diesem Jahr der gesetzliche Anspruch und wird – wenn auch holprig – umgesetzt.
Nach wie vor ungeregelt ist die Nachmittagsbetreuung für Grundschulkinder. Hier sind heute weder Kommune noch Land zuständig. Die hessische Landesregierung bemüht sich eher halbherzig um Ganztagsangebote der Schulen. Etwa ein Drittel der Grundschulen nennt sich „Ganztagsschulen“, allerdings im sogenannten „Profil 1“, das heißt nur an drei Tagen pro Woche gibt es ein Angebot – und nur bis 14:30 Uhr. Das ist oftmals viel zu wenig für die Ausübung einer Berufstätigkeit.
Meist springen die Kommunen in die Bresche, häufig wie in Schöneck auch dadurch, dass Elterninitiativen finanziell und durch Raumangebote unterstützt werden. Da die Schulkinderbetreuung für die Kommunen eine freiwillige Leistung ist, droht sie angesichts der chronischen Unterfinanzierung und der Konkurrenz durch neue Pflichtleistungen wie der U3-Betreuung weiter geschwächt zu werden. Die Kommunen wollen eine gute Betreuung anbieten, oft fehlen aber die Mittel.
Wir Grünen wollen in Hessen eine „Bildungs- und Betreuungsgarantie“ einführen. Demnach gewährleistet das Land an fünf Tagen in der Woche ein Bildungs- und Betreuungsangebot von 7.30 bis 14.30 Uhr. Im Gegenzug stellt die Kommune je nach Bedarf der Eltern das weitere Angebot von 14.30 bis 17.00 Uhr und in den Schulferien sicher. Bei dem Konzept handelt es sich um ein Angebot, die Teilnahme ist nicht verpflichtend.
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Foto: Die Erste Beigeordnete Dr. Bärbel Neuer-Markmann setzt sich mit Wolfgang Seifried für pragmatische Kooperationslösungen bei der Schulkinderbetreuung ein. Mit der Bildungs- und Betreuungsgarantie würde vieles einfacher.